Übung zum Umgang mit dem Guten und Wertvollen im Leben:
Einmal angenommen, Du bist gerade in einer Situation, welche Dich auf emotionale Art und Weise fordert. Du spürst, dass gerade etwas passiert, das von Bedeutung ist, da Du merkst, dass Du Deine innere Ruhe verlierst. Dies kann sich darin äußern, dass Dir innerlich heiß wird, dass Du anfängst zu schwitzen, dass Du eine innere Unruhe verspürst, dass Du einen Ärger in Dir aufwallen fühlst oder aber, dass Du Dich furchtvoll erlebst. Egal, was es im Detail ist, was gerade Deine innere Seelenruhe betrifft, etwas steht für Dich offensichtlich an und der Kosmos stellt Dir eine Frage.
Diese Frage lautet: „Wie wirst Du auf das, was ich Dir vor Deine Füße stelle, reagieren?“.
Da stehst Du jetzt und wägst eine Antwort auf diese Frage ab. In Deinem Kopf schwirren die Gedanken und Du fragst Dich, wie soll ich antworten?
Beginne mit folgender Frage: „Ist das, was mich gerade bedrängt, etwas, was ich kontrollieren kann oder ist es etwas, was ich nicht kontrollieren kann?“.
Ist es etwas Äußeres, was Du nicht kontrollieren kannst? Es könnte z. B. sein, dass Du etwas verloren hast, etwas vergessen hast oder etwas Unerwartetes von Dir gefordert bzw. Dir passiert ist. Wenn dem so ist, dann frage Dich, wie hoch der Wert dessen für Dich ist, was im Außen zur Disposition steht. Ist es wirklich so wichtig, dass Dein Seelenfrieden dadurch gestört werden sollte oder übertreibst Du hier? Kann es sein, dass Du dieses Ding zu wichtig nimmst, dass Du ihm zu viel Wert beimisst? Wenn es etwas Dingliches ist, dann frage Dich, was in Deinem Leben fehlen wird, wenn es nicht mehr da ist und warum Dein Leben dann schlechter als vorher sein wird? Wenn es ein Ereignis ist, dann frage Dich: „Ist ein solches Ereignis wirklich nicht erwartbar? Ist es nicht eigentlich verwunderlich, dass es mir jetzt erst passiert oder aber nicht noch häufiger passiert ist?“. Frage Dich außerdem: „Warum sollte es mir nicht passieren, wo es doch anderen auch schon passiert ist? Bin ich besser als andere? Habe ich ein Anrecht darauf, dass mir so etwas nicht passiert?“. Frage Dich zuletzt auch noch: „Kann es sein, dass ich einen Anteil an dem Ereignis habe? Kann es sein, dass ich etwas nicht getan habe, was dieses Ereignis wahrscheinlicher gemacht hat und wenn dem so ist, warum sollte ich das nicht anerkennen?“.
Nimm Dir kurz etwas Zeit und betrachte diese Fragen. Höre erst weiter, wenn Du hier Antworten für Dich gefunden hast.
Frage Dich als Nächstes, wie Du in dieser Situation reagieren kannst. Denn auch diese Situation ist eine Gelegenheit, Deine innere Tugend zu praktizieren. Beginne hierzu mit folgenden Fragen:
- Könnte es Dir helfen, wenn Du in dieser Situation praktisch weiser wärest? Gibt es also Strategien, Techniken, Prozesse oder sonstige Erfahrungen aus der Praxis, welche Du verstärkt nutzen könntest oder bisher nicht genutzt hast?
- Würde es helfen, wenn Du Dich mäßigen würdest? Warum bist Du so aufgeregt? Was wäre, wenn Du Dich weniger aufregen würdest? Was würde fehlen?
- Würde es Dir helfen, wenn Du mutiger wärest? Geht es vielleicht einfach darum, dass Du etwas aushalten musst? Wenn ja, warum fällt Dir das so schwer? Was wäre in Deinem Leben schlechter, wenn Du es tun würdest?
- Wäre es hilfreich, wenn Du gerechter wärest, also stärker darauf schauen würdest, was jedem in dieser Situation zukommen sollte? Schaust Du zu sehr auf Dich? Hast Du aus dem Blick verloren, dass andere auch ein Anrecht auf Dinge haben oder Missgeschicke nicht immer nur ihnen zustoßen können?
Frage Dich jetzt, was in der Situation anders würde, wenn Du praktisch weiser, gemäßigter, mutiger oder gerechter handeln bzw. reagieren würdest? Wenn Du Dich also auf das konzentrieren würdest, was unter Deiner Kontrolle steht.
Nimm Dir jetzt noch einmal kurz etwas Zeit und betrachte diese Fragen und formuliere Antworten für Dich. Achte darauf, welchen Unterschied diese Antworten in Deiner Situation nach sich ziehen.
Wiederhole diese Übung so oft, wie Du möchtest und lasse Dich davon überraschen, wie Deine innere Weisheit oder Tugend Dein Leben verändern und bereichern kann.
Eine tolle Folge. Vielen Dank dafür. Es ist immer lohnenswert, Situationen aus der Perspektive der einzelnen Tugenden zu hinterfragen. Deine Übung gibt dazu einen wertvollen Impuls.
Lieber Marius,
Danke für Dein Feedback. Das freut mich sehr. Und ja, die vier Handlungstugenden sind in jeder Situation ein erster guter Kompass.
Viele Grüße Alexander