Episode 25 – Übung zur stoischen Achtsamkeit („prosochē«)

Diese Episode führt in die Übungspraxis zur stoischen Achtsamkeit ein. Nach dem in Episode 22 in diesem Podcast bereits das Konzept der stoischen Achtsamkeit aus philosophischer Perspektive im Fokus der Betrachtung stand, geht es in dieser Folge darum, die Praxis dieses Konzeptes kennenzulernen und einzuüben. Die Folge teilt sich hier zu zwei Blöcke. Der erste Block bietet eine kurze Einführung in die Praxis der stoischen Achtsamkeit. Im zweiten Block (ab Minute 11:30) findet sich eine angeleitete Übung zur stoischen Achtsamkeit.

Wer die Übung für sich selbst durchführen möchte, findet anbei die Anleitung aus der Podcastfolge:

 

Übung zur stoischen Achtsamkeit

 

Setz Dich gemütlich hin und achte darauf, dass es Dir nicht zu kalt ist. Hol Dir gerne eine Decke und stelle sicher, dass Du ein paar Minuten Ruhe für Dich haben kannst. Achte darauf, dass Du auch etwas zu Schreiben neben Dir liegen hast und Du in Ruhe einen Ort findest, an dem Du schreiben kannst.

Wenn das gegeben ist, dann atme tief durch. Atme in Deinem Tempo ein und atme in Deinem Tempo auch aus. Schließ vielleicht auch Deine Augen. Wiederhole dieses bewusste Atmen noch 3 x Mal.

Stell Dir jetzt eine Situation vor, in der etwas passiert ist, was Deine Aufmerksamkeit bindet, dies kann die momentane Erinnerung an ein Ereignis oder auch der Gedanke an ein mögliches Ereignis sein. Stell Dir vor, dass Du Dich in dieser Situation befindest. Dass Du mittendrin bist. Dies könnte jetzt eine Alltagssituation wie Dein letzter Brötcheneinkauf sein, es könnte aber auch sein, dass Du Dir ein Gespräch vorstellst, welches in Dir Unsicherheit auslöst. Nimm Dir Zeit, eine solche Situation auszuwählen. Manchmal kann es hier z. B. helfen, wenn Du Dir vorstellt, dass Du vor einer großen Wand mit Videos von bereits geschehenen oder zukünftigen Situationsaufnahmen stehst. Gehe diese Wand gedanklich durch und schau, wo Deine Aufmerksamkeit anhält. Wähle dann dieses Video und versetze Dich in die entsprechende Situation. Stell Dir hierzu den Kontext vor, der diese Situation einbettet. Denke an andere Personen, welche an dieser Situation beteiligt sind. Wie ist das Licht? Wie ist die Temperatur? Was hörst Du? Was siehst Du? Lass diese Situation auf Dich wirken.

Jetzt achte darauf, welchen Impuls diese Situation in Dir hervorruft? Was spürst Du? Willst Du etwas sagen? Willst Du Dich bewegen? Willst Du etwas verändern?

Jetzt frage Dich, was würdest Du diesem Impuls für einen Namen geben? Geht es um Ärger? Geht es um Vermeidung? Geht es um Zuwendung? Worum es auch immer geht, versuche einen passenden Namen für Dein Vorhaben zu finden.

Wenn Du Dir Dein Vorhaben jetzt anschaust, gehe den folgenden Fragenkatalog durch. Du musst nicht alle Fragen beantworten. Suche Dir die Fragen oder die Frage aus, welche in Dir aktuell die größte Resonanz hervorrufen.

  • Was fühle ich körperlich, in dem Moment, in dem ich den Impuls fühle?
  • Welches Gefühl begleitet den Impuls, welchen ich spüre?
  • Dominiert mein Empfinden oder mein Gefühl den Impuls, den ich verspüre?
  • Welche Botschaft steht hinter meinem Empfinden oder meinem Gefühl und was sagt diese Botschaft über mich und meine Sicht auf die Situation aus?
  • Wenn ich dem Impuls, der sich hier zeigt, innerlich zustimme, was für eine Person werde ich dann?
  • Wie würde sich ein stoischer Weiser in der Situation verhalten?
  • Was wäre an der Handlung anders, wenn sie sich nur auf den aktuellen Moment und nicht auf Vergangenes oder Zukünftiges beziehen würde?
  • Wie würde diese Handlung aussehen, damit sie praktisch weise würde?
  • Wie würde diese Handlung aussehen, damit sie maßvoll wäre?
  • Wie würde diese Handlung aussehen, damit ich sie als mutig ansehen könnte?
  • Wie würde diese Handlung aussehen, damit sie gerecht würde?
  • Was müsste ich an dieser Handlung verändern, damit sie in sich konsistent wäre?
  • Was müsste ich an dieser Handlung verändern, damit sie die Art und Weise berücksichtigen würde, wie der Kosmos sich entfaltet?
  • Wie müsste ich handeln, damit ich mit mir selbst in Übereinstimmung wäre?
  • Wie müsste ich handeln, damit ich mit meinen Mitmenschen sowie dem Kosmos als Ganzem in dieser Situation in Übereinstimmung wäre?

Noch einmal.

  • Was fühle ich körperlich, in dem Moment, in dem ich den Impuls fühle?
  • Welches Gefühl begleitet den Impuls, welchen ich spüre?
  • Dominiert mein Empfinden oder mein Gefühl den Impuls, den ich verspüre?
  • Welche Botschaft steht hinter meinem Empfinden oder meinem Gefühl und was sagt diese Botschaft über mich und meine Sicht auf die Situation aus?
  • Wenn ich dem Impuls, der sich hier zeigt, innerlich zustimme, was für eine Person werde ich dann?
  • Wie würde sich ein stoischer Weiser in der Situation verhalten?
  • Was wäre an der Handlung anders, wenn sie sich nur auf den aktuellen Moment und nicht auf Vergangenes oder Zukünftiges beziehen würde?
  • Wie würde diese Handlung aussehen, damit sie praktisch weise würde?
  • Wie würde diese Handlung aussehen, damit sie maßvoll wäre?
  • Wie würde diese Handlung aussehen, damit ich sie als mutig ansehen würde?
  • Wie würde diese Handlung aussehen, damit sie gerecht würde?
  • Was müsste ich an dieser Handlung verändern, damit sie in sich konsistent wäre?
  • Was müsste ich an dieser Handlung verändern, damit sie die Art und Weise berücksichtigen würde, wie der Kosmos sich entfaltet?
  • Wie müsste ich handeln, damit ich mit mir selbst in Übereinstimmung wäre?
  • Wie müsste ich handeln, damit ich mit meinen Mitmenschen sowie dem Kosmos als Ganzem in dieser Situation in Übereinstimmung wäre?

Nimm Dir jetzt 15 Min. Zeit und beantworte 1 – 3 dieser Fragen. Wiederhole diese Übung so oft, wie Du magst, lerne dabei Dein ICH kennen und übe Dein Selbst in der Begleitung Deines ICHs.

 

Episode 25 findest Du hier…..

6 Kommentare

  1. Dietmar

    Vielen Dank für deine Folge zur prosoche – ich finde es sehr bereichernd, dass du dich mit diesem zentralen Begriff der Stoa auseinandersetzt.
    Allerdings sehe ich die stoische Achtsamkeit – also prosoche – in einem etwas anderen Licht.
    Nach meinem Verständnis (und auch nach dem von Hadot oder Epiktet) handelt es sich bei prosoche nicht um eine retrospektive Übung wie das Journaling oder den Abendrückblick (wie Seneca ihn beschreibt), sondern um eine Form der unmittelbaren, prüfenden Aufmerksamkeit – genau im Moment, in dem ein Eindruck entsteht.
    Pierre Hadot beschreibt prosoche als das achtsame Gehen über Glasscherben – hellwach, präsent, aufrecht.
    Epiktet stellt klar: Wer nicht im Moment aufmerksam ist, wird nicht rechtzeitig prüfen können, ob er einem Impuls zustimmen will oder nicht.

    Die von dir angeleitete Meditation enthält viele wertvolle Reflexionsfragen – besonders im Hinblick auf ethisches Handeln.
    Aber für mich ist das eher eine Form stoischer Nachbereitung als eine Praxis von prosoche im engeren Sinne.
    Letztere ist keine nachträgliche Klärung, sondern eine Haltung, die genau in der Situation Präsenz schafft – bevor Zustimmung geschieht.
    Gerade diesen Unterschied finde ich spannend und wichtig – denn er zeigt, wie tief und alltagspraktisch die Stoa sein kann:
    Nicht erst später verstehen, sondern schon im Moment wach und prüfend leben.
    Danke für deinen Beitrag – ich finde es großartig, dass du solche Themen öffentlich zugänglich machst.

    • Alexander Zock

      Hallo Dietmar,
      Danke für Dein Feedback. Ich stimme Dir in Deinem Verständnis der prosoche zu 100 % zu. Vielleicht ist die Übung dann an dieser Stelle nicht klar genug. Die Fragen zielen nicht in erster Linie auf einen vergangenen Zustand ab. Es geht eher um die präsentische Vergegenwärtigung des eigenen Aufmerksamkeitsfokus. Danke für Deinen klärenden Hinweis. Viele Grüße Alexander

  2. Business

    Diese Episode bietet einen interessanten Einblick in die Praxis der stoischen Achtsamkeit. Es ist faszinierend zu sehen, wie philosophische Konzepte in den Alltag integriert werden können. Die Aufteilung in zwei Blöcke macht es leicht, sowohl die Theorie als auch die praktische Anwendung zu verstehen. Die angeleitete Übung ab Minute 11:30 scheint besonders hilfreich zu sein, um das Gelernte direkt umzusetzen. Ich frage mich, wie effektiv diese Übungen langfristig sind und ob sie wirklich zu einer nachhaltigen Veränderung führen können. Was denkst du, wie stark die stoische Achtsamkeit das tägliche Leben beeinflussen kann? Würdest du diese Übungen regelmäßig in deinen Alltag integrieren?

    • Alexander Zock

      Hallo, danke für Dein Feedback und Deine Gedanken. Eine regelmäßige Auseinandersetzung mit stoischen Gedanken bzw. Das schärfen der Achtsamkeit führt nach meiner Erfahrung zu einer Veränderung der Wahrnehmung, die wiederum zu einer veränderten inneren Dynamik führt. Die Stoa hilft die Welt anders zu sehen, sie anders zu denken und so, sie auch anders zu fühlen. Viele Grüße

  3. Business

    Die stoische Achtsamkeit scheint ein mächtiges Werkzeug zu sein, um den Alltag bewusster zu gestalten. Es ist beeindruckend, wie die Philosophie der Stoa praktische Anwendungen findet und uns hilft, unsere Wahrnehmung zu schärfen. Die Aufteilung in Theorie und Praxis macht es zugänglich, aber ich frage mich, ob diese Methode für jeden geeignet ist. Wie sieht es mit Menschen aus, die weniger philosophisch orientiert sind? Könnten sie trotzdem von diesen Übungen profitieren? Ich finde es spannend, dass die Stoa nicht nur die Wahrnehmung, sondern auch die innere Dynamik verändern kann. Was denkst du, wie lange es dauert, bis man spürbare Veränderungen bemerkt? Würdest du sagen, dass die stoische Achtsamkeit auch in stressigen Berufsfeldern wie der Führungsebene effektiv ist?

    • Alexander Zock

      Hallo,
      danke für Deine Rückmeldung. Die Stoa ist aus meiner Sicht für alle Menschen offen. Es git natürlich unterschiedliche Präferenzen in der Wahl dessen, wasch in meinem Leben als Orientierung nutzen möchte. Die Stoa ist da mit ihrem Ansatz der Innerlichkeit und Achtsamkeit sicherlich sehr ansprüchlich. Auf der anderen Seite ist die Stoa kein Leistungssport und die eigene Entwicklung vollzieht sich so, wie ich es gestalte. Veränderung ist dabei, aus meiner Sicht, sofort beobachtbar, da alleine der Gedanke, dass man etwas anders hätte tun können, bereits das Erleben verändert. Für mich steckt in der Stoa die Einladung, meine eigenen inneren Prozesse bewusster wahrzunehmen und immer öfter den Autopiloten auszustellen oder ihn nur da laufen zu lassen, wo ich für mich sicher bin, dass er das tut, was ich möchte. Dieser Ansatz hat für mich auch sehr großes Potenzial für Führungsarbeit, da ich eine fehlende innere Entwicklungsfähigkeit als großes Problem für eine gelingende Führung ansehen würde. Ich habe hierzu in meinem Buch „Der Weg der Stoa in der Führung“ sehr viel mehr geschrieben.

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