
Ein Blick auf eine stürmische Zeit
In dieser Folge von „Der Weg der Stoa“ beginnen Anne und Alex ihre spannende Trilogie über den Philosophen auf dem römischen Kaiserthron, Marc Aurel (121 – 180 n. Chr.), und begrüßen dazu den Experten Tino Deckert. Diese erste Episode legt den Grundstein und widmet sich intensiv dem Leben und der Zeit Marc Aurels. Wie sich im Laufe des Gesprächs zeigt, war er in vielerlei Hinsicht ein besonderer Kaiser in einer besonderen, oft missverstandenen Zeit.
Marc Aurel regierte während der Epoche, die als die Zeit der Fünf Guten Kaiser (96 bis 180 n. Chr.) bekannt ist – ein Höhepunkt der römischen Geschichte, geprägt von Stabilität und Prosperität. Geboren als Marcus Annius Verus, wurde er vom Kaiser Antoninus Pius adoptiert und akribisch auf die Führung des größten Reiches der westlichen Welt vorbereitet. Ab 161 n. Chr. trat er die Herrschaft an.
Die Risse im goldenen Zeitalter
Das Gespräch zwischen Anne, Alex und Tino Deckert beleuchtet ausführlich, dass der Titel „Ära der Fünf Guten Kaiser“ die Realität von Marc Aurels Herrschaft nur unzureichend abbildet. Seine Regierungszeit war alles andere als golden oder friedlich. Sie markierte vielmehr den Beginn einer langen Kette von Krisen, die die Stabilität des Reiches nachhaltig erschütterten.
Der Kaiser sah sich unmittelbar nach seinem Regierungsantritt mit massiven militärischen Bedrohungen konfrontiert. Zunächst forderte der Partherkrieg im Osten das Reich heraus. Kaum war dieser Konflikt beendet, brach die verheerende Antoninische Pest (wahrscheinlich Pocken) herein, die durch heimkehrende Truppen eingeschleppt wurde. Die Seuche raffte einen erheblichen Teil der Bevölkerung dahin und schwächte das Reich ökonomisch und militärisch.
Parallel dazu begannen die zermürbenden Markomannenkriege (166–180 n. Chr.). Germanische Stämme überschritten die Donaugrenze, was Marc Aurel dazu zwang, die meiste Zeit seiner Herrschaft in Feldlagern entlang der Donau zu verbringen. Es ist diese stürmische Umgebung des Krieges, der Pest und des Chaos, in der Marc Aurel seine berühmten Selbstbetrachtungen (Ta eis heauton) verfasste – ein privates stoisches Tagebuch, das seine tiefe innere Einkehr dokumentiert.
Der Philosoph auf dem Thron
Die Episode diskutiert intensiv, inwiefern Marc Aurel als besonderer Herrscher in der römischen Geschichte gilt. Er war der Kaiser, der versuchte, seine politische Macht durch philosophische Ethik zu leiten. Er sah das Kaisertum nicht als Privileg, sondern als Pflicht (Officium) und als höchste stoische Übung. Er verkörperte das Ideal des Philosophenkaisers, der Tugend über Prunk und Vernunft über Leidenschaft stellte.
Die biographischen Details zeigen einen Mann, der sich täglich selbst zur Tapferkeit, Gerechtigkeit, Weisheit und Mäßigung ermahnte, während er an vorderster Front die Existenz des Reiches verteidigte. Sein Vermächtnis liegt nicht nur in der erfolgreichen Verteidigung der Grenzen, sondern vor allem in der tief empfundenen Wahrheit, dass wahre Autorität von der inneren Disziplin und der stoischen Gelassenheit (Apatheia) des Geistes herrührt.
Shownotes:
Alexander Demandt, Marc Aurel: Der Kaiser und seine Welt, C. H. Beck, 2020
Jörg Findling, Marc Aurel, wbg, 2008
Klaus Rosen, Marc Aurel, Rowohlt Verlag,1997
Die Episode findet sich hier:
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